Es gibt ein Phänomen bei Sternen, die sehr weit entfernt sind, nämlich dass man sie oft nur sehen kann, wenn man sie nicht direkt ansieht – denn sobald man sie fokussiert, verschwinden sie auf einmal. Schaut man knapp daneben, erscheinen sie wieder, aber eben nur unscharf.
Das hat mit den Stäbchen und Zäpfchen in unserer Netzhaut zu tun: Der Bereich namens gelber Fleck, mit dem wir scharf sehen können, besteht aus einer hohen Dichte an Zäpfchen, die für das Farbensehen verantwortlich sind, sich aber mit schwachem Licht schwer tun. Die Folge: Trifft ein nur schwach leuchtender Stern auf unseren gelben Fleck, können die Zäpfchen sein Licht nicht erfassen und er wird einfach “herausgerechnet”. Als gäbe es ihn auf einmal gar nicht mehr.
Dieses Phänomen kam mir in den Sinn, als ich darüber nachgedacht habe, wieso ich nur indirekt zu erkennen scheine, was ich wirklich will, was mich erfüllt und glücklich macht.
Mein Fokus geht verloren
Ja, was will ich eigentlich? Das ist eine Frage, an der ich immer wieder hängenbleibe. Dabei könnte es so einfach sein: Ich kann mich sehr leicht von Menschen inspirieren lassen, die voller Überzeugung ihr Ding machen, genauso von Themen, die mich kreativ ansprechen – dann spüre ich, wie mein Herz aufgeht und alles in mir Hell yeah! ruft.
Aber sobald ich versuche meinen Fokus darauf zu richten, was ich mit meinem eigenen Leben anstellen will, kann ich diese Inspirationen nicht mehr greifen. Dann sitze ich ratlos vor meinem leeren Blatt Papier, auf das ich all meine Ideen brainstormen wollte. Dann fällt es mir sogar auf einmal schwer zu sagen, was mir überhaupt wirklich Spaß macht.
Es ist, als ob ich mich von anderen inspirieren lassen kann, auch mal vage träumen darf, aber sobald es konkret wird, laufe ich auf einmal wie in dichten Nebel und kann die Sterne, die mir den Weg weisen sollten, nicht mehr sehen.
Wieder klar sehen lernen
Aber ohne eine eigene klare Vision, was ich vom Leben eigentlich will, habe ich immer wieder das Problem, dass ich mit der Masse mitlaufe, mich ausschließlich an äußeren Erwartungen orientiere, selbst wenn ich weiß, dass es mich selbst nicht glücklich macht.
Ich habe eine Weile gebraucht zu erkennen, dass das wohl genau so beabsichtigt ist: Denn immer wenn ich versuche mich auf das zu konzentrieren, was ich will, um es dann auch zu erreichen, verliere ich buchstäblich den Fokus – und zwar weil ich mich dann auf einer tiefen Ebene sofort daran erinnere, dass es früher als Kind nicht erwünscht war mein eigenes Ding zu machen, ganz im Gegenteil. Ich hatte zu wollen, was die anderen wollten, verfügbar zu sein für sie anstatt mich auf meine eigene Erfüllung auszurichten und diese zu verfolgen.
Diese alten Programme wirken immer noch nach und verhindern auch heute noch, dass ich klar erkenne, was ich für mich will. Ich muss wohl erst diese innere Blockade aus dem Weg räumen, um endlich meine Sterne sehen und, genauso wichtig, ihnen auch folgen zu können.
(Foto: Ricardo Rocha / Unsplash)